Jeder Mensch hat einen Namen

Für die Opfer von Anschlägen, Verfolgung und Krieg. Nicht nur an den Jahrestagen von Ereignissen.

Zelda Schneersohn Mishkovsky (1914-1984)

Dieses Gedicht wird jedes Jahr im April in Israel am nationalen Gedenktag an Shoa und Heldentum (Jom haScho’a) feierlich rezitiert

Jeder Mensch hat einen Namen
                           der ihm von Gott gegeben wurde
                           den ihm gaben sein Vater, seine Mutter
Jeder Mensch hat einen Namen
                           den ihm gaben seine Statur, sein Lächeln
                           den ihm gab das Gewebte
Jeder Mensch hat einen Namen
                           den ihm gaben die Berge
                           den ihm gaben seine Mauern
Jeder Mensch hat einen Namen
                           den ihm gaben die Sterne
                           den ihm gaben seine Nachbarn
Jeder Mensch hat einen Namen
                           den ihm gaben seine Sünden
                           den ihm gab seine Sehnsucht
Jeder Mensch hat einen Namen
                           den ihm gaben seine Feinde
                           den ihm gab seine Liebe
Jeder Mensch hat einen Namen
                           den ihm gaben seine Feste
                           den ihm gab seine Arbeit
Jeder Mensch hat einen Namen
                           den ihm gaben die Jahreszeiten
                           den ihm gab seine Blindheit
Jeder Mensch hat einen Namen
                           den ihm gab das Meer
                           den ihm gab sein Tod

Gedenken heißt handeln

Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz durch die Rote Armee befreit. Der Tag ist seit 1996 ein offizieller Gedenktag in der Bundesrepublik Deutschland. Es wird aller Opfer des Holocaust gedacht; für die jüdischen Opfer wird das Wort Shoah verwendet. Manchmal werden diese Begriffe verwechselt oder synonym gebraucht.

Unsere Schule beteiligte sich dieses Jahr zum zweiten Mal mit Aktionen daran. Im Laufe des Vormittags konnten alle, die an der Schule lernen und lehren vor dem Sekretariat ein Teelicht entzünden. Eine Kerze zu entzünden kann ein Zeichen der Erinnerung und des Insichgehens sein, ebenso wie der Ausdruck des Wunsches nach Genesung und dem Wohlergehen von Freunden.

Die Grundschulklassen bemalten Steine; in Anlehnung an die Steine, die auf jüdischen Friedhöfen als Zeichen des Gedenkens abgelegt werden.

Die Sekundarklassen stellten sich der Herausforderung des Arolsenarchivs: Gemeinsam mit mehr als 75000 Freiwilligen überall in der Welt katalogisierten sie Akten aus dem Konzentrationslager Stutthof. Am Ende des Tages waren die 30000 Akten digitalisiert und so für zukünftige Generationen verfügbar gemacht. Manche Teilnehmer setzen die Arbeit noch zu Hause fort; es sind noch Millionen Namen und Akten zu digitalisieren, damit sie der Forschung und dem Gedenken zur Verfügung stehen.

Wer einen Beitrag leisten und dabei in die neuere Geschichte eintauchen möchte, wird hier fündig:

https://everynamecounts.arolsen-archives.org/

Bei der Arbeit hatten wir auch Zeit, uns über die Zeit des Nationalsozialismus zu unterhalten. Die Karteikarten boten dazu kleine Hinweise auf die Menschen, die sich hinter den Namen verbargen: Sehr junge Menschen, kaum älter als die Schüler, waren da zu finden. Eltern von acht Kindern. Menschen, die vor Stutthof schon im Konzentrationslager Auschwitz waren und noch weitergschickt wurden nach Mauthausen, weg von einer möglichen Befreiung. Als Grund für eine Einlieferung in ein Konzentrationslager reichte es, wenn man sich vom Arbeitsplatz entfernt hatte oder Arbeitsbummelei vorgehalten bekam. So viel Dinge, die den SchülerInnen unvorstellbar vorkamen.

Der Tag war anstrengend, aber wir hatten am Ende des Tages das Gefühl, dass sich die Anstrengungen gelohnt haben. Die achte Klasse wird in Fortsetzung am Projekt Erinnerungspaten hier im Blog arbeiten.

Das Arolsenarchiv lädt zur Challenge

Das Archiv in Bad Arolsen beherbergt die größte Sammlung von Akten aus den Konzentrationslagern und der Zwangsarbeit im Dritten Reich.

Die Akten werden seit drei Jahren von Freiwilligen digitalisiert, damit sie der Öffentlichkeit und Forschung verfügbar gemacht werden können. Auch SchülerInnen unserer Schule und Lehrkräfte haben dazu in den letzten Jahren beigetragen.

Im Moment erfolgt der Zugang zum Digitalisierungsprojekt „every name counts“ noch über die Internetseite von Zooniverse, einer Internetseite, die sich auf die Verbindung von Forschung und helfendem Publikum spezialisiert hat. Demnächst soll ein eigenes Angebot online gehen, das mit einfacherer Struktur attraktiver für SchülerInnen ist.

In der Zeit vom 23. – 29. Januar ´findet die Challenge des Archivs statt. Anlass ist der Internationale Gedenktag der Opfer des Holocaust am 27. Januar. In dieser Zeit sollen 30000 Namen aus dem KZ Stutthof digitalisiert werden. Das Konzentrationslager in der Nähe von Danzig wurde unmittelbar nach dem deutschen Überfall auf Polen bereits am 2. September 1939 eingerichtet und wurde erst am 9. Mai 1945 befreit.

https://arolsen-archives.org/events/everynamecounts-challenge-2023/

Wir sind natürlich wieder dabei und freuen uns, wenn sich viele Menschen am Challenge beteiligen.

27. Januar: Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust

An diesem Tag planen wir in der Schule wieder eine Zeremonie für die Opfer des Holocaust. Lichter der Hoffnung werden vor der Tafel mit den Namen der Waisenkinder Korczaks entzündet werden. Die Grundstufe wird den jüdischen Brauch aufnehmen, der Toten mit dem Ablegen von Steinen zu gedenken. Zuvor werden sie die Steine noch farbig gestalten. Wir verbinden mit dieser Zeremonie die Hoffnung, dass sich die Menschheit auf einen friedlicheren Pfad begibt und so die Zeit und Kraft hat, sich den kommenden Herausforderungen zu stellen.

Hier ein Bild vom letzten Jahr:

Seit letzter Woche ist ein Interview auf den Seiten von Radio Corax verfügbar, in dem noch einmal Werbung für die App zur Gedenkstätte Treblinka gemacht wird und das auch von unserer Arbeit daran erzählt.

https://jugendradio.net/neues-von-der-treblinka-gedenkstaette/

Auf der Suche nach der verschwundenen App

Ich schrieb bereits in einem vorherigen Beitrag, dass die App zum Lehrpfad der Gedenkstätte in Treblinka im Moment nicht im Playstore für Android verfügbar, für iOS aber herunterladbar ist. Diese Situation scheint – je nachdem in welchem Land man sich aufhält, unterschiedlich zu sein.

Unsere polnischen Partner arbeiten daran, die App – Ergebnis unserer Zusammenarbeit – auch für Nutzer aus Deutschland verfügbar zu machen. Dafür benötigen sie Informationen: wird sie angezeigt. Kann man sie herunterladen oder nicht und wenn ja, mit welchem System (Android oder iOS).

Deshalb die Bitte an unsere Leserschaft: Probieren Sie aus, die App herunterzuladen und teilen uns mit, ob Sie Erfolg hatten oder nicht. Um den Fehler eingrenzen zu können benötigen wir als zusätzliche Information noch, mit welchem Telefon (z.B. Motorola G5) und welcher Version des Betriebssystems das Telefon läuft (z.B. Android 9).

Wenn Sie dies in einem anderen Land als Deutschland tun (wir hatten auch schon Tester aus Dubai), teilen Sie uns auch das mit.

Gesucht wird die App Extermination Camp Treblinka II. Es sollten folgendes Layout sichtbar sein, wenn die App vor dem Herunterladen angezeigt wird.

Falls Obóz Pracy Treblinka I angezeigt wird, handelt es sich um die App des Museums in Treblinka, mit der die dortige Ausstellung erläutert. Das ist zwar gut, es handelt sich aber nicht um „unsere“ App.

Ihre Ergebnisse können direkt als Kommentar hinterlassen werden oder per Mail an torsten.lehmann@kinderschutzbund-halle.de

Telefon Marke und Typ, Betriebssystem mit Versionsnummer und Standort (Land)

Wir sind gespannt und bedanken uns schon vorab für die Mitarbeit.

Schülereindrücke

Vier Schüler aus der Gruppe haben ein wenig Zeit vergehen lassen, damit die Ereignisse der Reise einen Platz finden können. Aus der zeitlichen und räumlichen Distanz heraus sollten aber kleine Betrachtungen zur Reise entstehen.

Hier kommen nun vier sehr unterschiedliche Texte aus Schülersicht.

Collin: pierogi & more

Am Freitag waren wir am Abend bei pierogi & more und haben gelernt, wie man die selber machen kann. Der Chefkoch war sehr freundlich. Er hatte alles schön vorbereitet. Es waren 4 Gruppen, in einer Gruppe jeweils 2 Personen und jede Gruppe hatte einen verschiedenen Teig, damit man daran unterscheiden konnte, welche Füllung die Pierogi haben. Es gab verschiedene Füllungen, z.B. Sauerkraut mit Linsen oder Frischkäse mit Kartoffelbrei. Der Chefkoch zeigte uns verschiedene Varianten, wie die Pierogis zugemacht werden können: 1. Variante mit der Gabel verschließen und die 2. Variante  ganz einfach mit den Fingern zu kneten. Dann saßen wir an dem gedeckten Tisch, auf dem Trinken, Teller und Besteck hingelegt war. Wir haben uns alle hingesetzt und gesehen, wie der Chefkoch die vielen Pierogis ins kochende Wasser gelegt hat. Nach dem Kochen war es endlich Zeit zu essen und es hat sehr lecker geschmeckt.

Jonas: Wir waren Pizza essen!

Wir haben erst kein italienisches Restaurant gefunden, das noch Platz hatte. Das Lokal, in dem wir gegessen haben, war in der Nähe unseres Hotels. Als wir im Restaurant ankamen, haben wir darum gebeten und gehofft, dass wir noch einen Tisch für 8 Personen bekommen, es war nämlich an diesem Abend überall sehr voll. Natürlich waren wir so charmant, so dass die Kellnerin uns einen Tisch zusammenstellte. Man konnte zusehen, wie die Pizzen zubereitet wurden. Angekommen, wurde uns erstmal die Speisekarte gegeben, die nicht auf Deutsch war, sondern auf Polnisch und Englisch. Dann haben wir bestellt, natürlich auf Polnisch, nein Spaß – auf Englisch. Mit Hilfe von Hr. Große konnten wir auch noch auf Polnisch ein paar Wörter sagen. Danach haben wir unsere ersten Getränke bekommen. Dann kamen nach und nach unsere Pizzen an, die sehr lecker und dünn waren, das Personal war sehr freundlich und nett. Die Stimmung war sehr gut: mit Musik und Gesprächen aßen wir unsere Pizzen. Nachdem wir aufgegessen hatten, haben wir noch die Stadt angeschaut, sind in das Hotel gegangen und sind direkt ins Bett gefallen.

Fynn: Es war eine Erfahrung für sich

 Man hat viel gelernt und was man so erfahren hat, war grausam.

 Aber ja, wir sind angekommen, haben uns umgeguckt. Es war schön. In den Tagen besuchten wir ein Museum, wo wir mehr über die jüdische Geschichte lernten.

Wir waren in Janusz Korczaks Waisenhaus, wo uns viel erzählt wurde, wie es da so war.

Dann waren wir in Treblinka, wo wir Gebete sprachen und die Namen aufsagten. Wir hörten uns den Audiolehrpfad an.

Wir hörten von einer Geschichte, wie man im KZ lebte, wenn man das Leben nennen kann. Das war sehr traurig und grausam.

Trotzdem hatten wir insgesamt eine schöne Zeit auf der Fahrt gehabt.

Oscar: Reisebeschreibung

Am Mittwoch, den 21. September sind wir früh nach Warschau aufgebrochen.

Gegen 19 Uhr sind wir angekommen und haben noch ein bisschen die Stadt erkundet. Danach sind wir auf unsere Zimmer im Hotel gegangen und haben geschlafen.

Am Donnerstag haben wir wieder ein bisschen die Stadt erkundet und waren dann im Waisenhaus von Janusz Korczak. Danach haben wir den jüdischen Friedhof benutzt. Am Abend waren wir Pizza essen und dann zurück zum Hotel.

Freitag waren wir im Museum zur jüdischen Geschichte. Dort ging es darum, dass die Juden aus Israel kommen und sich in alle Länder verteilt haben, auch nach Polen. Im Zweiten Weltkrieg wurden sie entweder getötet oder ins Ghetto gepackt. Danach sind wir wieder in die Stadt gegangen.

Samstag waren wir in Treblinka und waren auf der Gedenkfeier. Wir haben die Namen der Erwachsenen von dort verlesen und das Gedicht aufgesagt. Dann durften wir als allererste die deutsche Version der Audioapp hören. Wir sind zurückgefahren und haben abends gegessen. Kleiner Tipp: Lasst niemals von Herrn Große aussuchen, wo ihr essen geht.

Sonntag sind wir zurück nach Deutschland gefahren und haben lautstark zur Wunschmusik mitgesungen.

Die Polenreise hat richtig Spaß gemacht.

Pani Stefa

und die Waisen. Aus dem Schatten Korczaks.

So könnte man den Titel des Buches von Magdalena Kici´nska aus dem Englischen übersetzen, das erstmals 2015 auf Polnisch erschienen ist.

Wir hatten bei unserem Besuch im Korczakianum mit Frau Ciesielska über die Legendbildung rund um Korczak gesprochen: Sein Gang in die Gaskammer mit den Kindern, obwohl es ein Angebot gab, sich retten zu können.

Janusz Korczak sollte stellvertretend stehen für all die Erwachsenen, die ebenfalls ihre Schützlinge nicht verließen; in den Waisenhäusern ebenso wie in den Altersheimen und Krankenhäusern. Der größte Teil des Personals ging mit in den Tod. Darüber hinaus wird die pädagogische Arbeit Korczaks, die Formulierung der Kinderrechte, die Versuche und das Scheitern in der Erziehung verdeckt.

Denn die Geschichte des Waisenhauses erstreckt sich über dreißig Jahre und bietet viel Stoff für Geschichten zur besonderen Pädgogik Korczaks und deren Umsetzung.

Dies war nur möglich durch den Einsatz und den eigenen Ideen von Menschen wie Stefania Wilczy´nska, die das Leben der Kinder und die Atmosphäre des Waisenhauses in über dreißig Jahren Arbeit prägten und deren Geschichte bisher wenig erzählt worden ist.

Das Buch stützt sich auf Archivmaterial, Interviews mit den letzten Überlebenden, die sie noch aus eigener Erfahrung kannten und den Briefwechsel, den Stefa Wilczy´nska mit Fejga, einer ehemaligen Bewohnerin des Waisenhauses, führte. Es gelingt, die vielen Facetten ihrer Persönlichkeit zu beleuchten und da, wo sie sich zu widersprechen scheinen, auch einzuräumen, dass kein Mensch frei von Widersprüchen und mit seinen Schattenseiten letztendlich nicht zu ergründen ist.

Gerade deshalb ist dieses erste Porträt von Stefa Wilczy´nska gelungen. Beim Lesen stellt sich das Gefühl ein, auf den Spuren eines authentischen Menschen zu sein. Dabei tritt sie weit aus dem Schatten Korczaks. Geboren in eine assimilierte jüdische Familie, sprach sie kein Jiddisch und nur akzentfreies Polnisch. Polen existierte nur als Teil des zaristischen Russlands, es wurde stark in polnisch (katholisch) und jüdisch unterschieden und die Universitäten waren Frauen noch weitgehend verschlossen.

Sie besuchte trotz allem eine polnischsprachige Schule (Marie Curie war eine ihrer Mitschülerinnen), studierte Naturwissenschaften in Lüttich und Genf. Dreimal hielt sie sich in Palästina auf, auf der Suche nach Möglichkeiten, ihre Erfahrungen aus dem Waisenhaus weitergeben und eine neue Heimat für sich finden zu können. Dabei war sie wagemutiger und auch konsequenter als Korczak.

Letztendlich zog es sie wieder zum Waisenhaus und Korczak (?) zurück. Der Rest steht in den Geschichtsbüchern.

Momentan ist das Buch auf Englisch unter dem Titel „Pani Stefa and the Orphans“ ISBN 978-1-912676-78-1 bestellbar.

Reden über Dinge, die nicht da sind

Wir sind stolz auf unsere Zusammenarbeit mit der Memory of Treblinka Foundation und dem Kinderschutzbund BV Halle. Gemeinsam konnte eine Förderung durch die Stiftung für deutsch-polnische für Zuammenarbeit eingeworben werden.

Damit war es möglich, die Informationen zum Lehrpfad in der Gedenkstätte Treblinka II ins Deutsche zu übersetzen, einzusprechen und so die App zu erweitern und die Gedenkstätte für deutschsprachige Besucher informativer zu gestalten.

Schülerinnen und Schüler der Korczakschule beteiligten sich mit Übersetzungen, dem Einsprechen des Gedichtes von Halina Birenbaumm und dem Verlesen von Namen und biographischen Daten deutscher Opfer.

Wir konnten sie vor Ort im September testen und freuten uns, die Informationen und unsere Beiträge wiederzufinden.

Eigentlich sollte jetzt an dieser Stelle von den pädagogischen Möglichkeiten der App gesprochen werden und wie man sie einsetzen kann, auch wenn man nicht vor Ort ist in der Gedenkstätte. Dafür muss man sie natürlich auf das Telefon laden können.

Die gute Nachricht vorweg: Alle IPhone Nutzerinnen und Nutzer können dies bereits ohne Probleme tun. Die App ist herunterladbar und lässt sich problemlos abspielen.

Bei Android sieht die Sache anders aus. Als Suchergebnis wird lediglich die App für das Museum in Treblinka (Treblinka I) angezeigt. Die Angaben zur App für Treblinka II erscheinen noch nicht einmal als Möglichkeit. In Deutschland existiert somit die App schlichtweg nicht. Nach mehreren Versuchen und im Austausch mit der Stiftung stellte sich heraus, dass die App von Google zumindest in Deutschland gesperrt bzw (noch) nicht freigegeben ist, weil noch nicht entschieden wurde, ob sie eventuell Nazipropaganda beinhaltet oder bedient.

Das verdient einen neuen Absatz und ein paar Gedanken an die Macht (und Blindheit) von automatisierten Abläufen, Stichwortsuchen und künstlicher Intelligenz. Und die Ohnmacht, wenn all dies undurchsichtig bleibt. Ob in unserem Fall oder vielen anderen: Die getane Arbeit ist unsichtbar, nicht existent.

So lobenswert und richtig es ist, Nazipropaganda und anderen menschenverachtenden Inhalten keine Basis zu bieten: Die App ist seit über zwei Monaten öffentlich und könnte von einem Menschen in einer Stunde angehört und freigegeben werden. Wo die Maschinen versagen, sollten Menschen wieder Aufgaben übernehmen. Ob im Playstore oder anderswo im Leben.

Die bewegten Bilder der Reise

Wir haben uns gedacht, wenn wir schon unterwegs sind , dann multimedial. Wir möchten so viele Eindrücke wie möglich einfangen für diejenigen, die nicht an der Reise teilnehmen konnten. Deshalb hat Herr Sponfeldner-Böttcher mit seinem Equipment das Wichtigste eingefangen und täglich als kleinen Film zusammen geschnitten. Viel Spaß beim Anschauen. Und Kommentieren.

Der Mittwoch

Die Anreise – Warschau bei Nacht – Korczakdenkmal

https://kurzelinks.de/t0tn

Der Donnerstag

POLIN – Bummel Innenstadt – Pizza am Abend

https://kurzelinks.de/11dw

Der Freitag

Korczakianum – Jüdischer Friedhof – Piroggenworkshop

https://kurzelinks.de/8cev

Samstag

Die Zeremonie in Treblinka

https://kurzelinks.de/wqti

Beeindruckend und nachdenklich

– unsere Reise zu den Polen. Ein Epilog von Herrn Große.

Oben im Blog steht das zuletzt, unten das zuerst Erlebte. Daher möchte ich auch die Gedanken in ebendieser Reihenfolge ordnen, natürlich in aller Kürze, das mir Wesentliche.

Niedziela (Sonntag)

Wir sind ganz schön erschöpft von der Reise, eine über 700 km lange Autofahrt ist schon eine Herausforderung an das Sitzfleisch. Im Kopf geht so einiges um. Nicht nur, dass die polnische, mautpflichtige Autobahn im Vergleich zur brandenburgischen A 10 und A 9 leergefegt erscheint: die kulturellen Unterschiede empfinden wir gar nicht so groß, wie zuvor gedacht. Gängige Vorurteile über unsere Nachbarn im Osten der Republik gehören in die Schublade. Unser Eindruck ist sehr positiv, Warschau ist eine sehenswerte, abwechslungsreiche historische und zugleich moderne, saubere Großstadt. Die Vergangenheit ist unfassbar und unbegreiflich, sie ist mit Warschau verwoben und ihr wird an unzähligen Stellen erinnert. Sie ist allgegenwärtig.

Sobota (Sonnabend)

Der Sonnabend ist quasi der Reisegrund. Die Gedenkzeremonie in Treblinka hatten wir zuvor gut vorbereitet. Unser einheitliches Outfit – Korczak-Hoodie, heller Schal mit den Namen der Kinder (Korczak200) und Kippa – gab uns nicht nur äußerlich als Gruppe zu erkennen. Das Verlesen der Namen der ermordeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Waisenhauses verlangt vom eigenen Körper große Beherrschung. Es ist ein innerer Schrei der Wut, der Empörung, der Scham und der Furcht, es ist ein Zittern der Hände, es ist die Gänsehaut bei dem Gedanken, genau jetzt an ebendieser grauenvollen Stelle zu stehen, an der der Welt schlimmstes Kapitel spielte.

Piątek (Freitag)

An der originalen Stelle des Waisenhauses ist heute das Korczakianum. Es gibt immer noch einer kleinen Gruppe Jugendlichen eine Obhut. Im historischen Speisesaal kommt man am großformatigen Wandbild der Waisenkinder nicht drumherum. Zu wissen, alle diese Kinder wurden grundlos ermordet, macht wahnsinnig, traurig und fassungslos.

Czwartek (Donnerstag)

Das Polin, eine Chronologie der Geschichte des Judentums nicht nur auf polnischem Boden, ist eine multimedial gestaltete, ansprechende und erlebnisreiche Ausstellung, die wir per Audioguide durchliefen. Das Kapitel Holocaust führt in gleichem Maße zu Betroffenheit, zu Entsetzen und zu Verstörtheit. Wie konnte das geschehen? Warum konnte all das Gräuel nicht verhindert werden? Beschämt über die Vergangenheit, erschüttert und erschreckt, verstummt man beim Anblick einer jeden „Obwieszczenie“ (dt. Bekanntmachung). Welch Überheblichkeit, welch Arroganz darin steckt, Juden als Untermenschen zu klassifizieren und anhand ihres Glaubens zu stigmatisieren und in extremster Weise zu diskriminieren? „Benutzung dieser Straßenseite für Juden verboten!“, „Personen, die Juden Unterschlupf gewähren, Beköstigung verabfolgen oder Nahrungsmittel verkaufen, unterliegen der Todesstrafe“,  „Juden, die den jüdischen Wohnbezirk unbefugt verlassen […] obliegen der Todesstrafe“ bleiben im Kopf und zermürben.

Środa (Mittwoch)

Unser erster Tag. Wie die Rückfahrt ist auch die Anfahrt eine Herausforderung. Wir sind voller Erwartungen, aufgeregt und gespannt. Wir freuen uns: Schule mal anders. Schule woanders. Mit einem kleinen Abendspaziergang erkunden wir die unglaubliche Skyline Warschaus. So hätten wir es uns nicht vorgestellt. Andere Sprache: selbst kleine Kinder können fließend Polnisch! Andere Währung: alle Preise umrechnen und teilen durch 4,72! Sind unsere beiden Nationen so verschieden? Gibt es Gemeinsamkeiten?

Zurück auf Anfang, auf Anfang zurück

Wir sind heute Nachmittag wieder gut gelandet und kaum am Elefanten angekommen, waren auch schon alle nach einem zaghaften Tschüss verschwunden. Dann holen wir das Gruppenbild eben in der Schule nach. Verpasst haben sie ein wunderbares interkulturelles Büfett im Garten des Kinderschutzbundes: Spezialitäten aus Syrien, Indien, Griechenland und afrikanischen Ländern wurden angeboten und man konnte zwanglos miteinander ins Gespräch kommen. Die Aktion fand im Rahmen der Interkulturellen Woche statt.

Für uns schließt sich damit ein Kreis: Begegnen, miteinander reden, versuchen, einander zu verstehen. Das haben wir in den letzten fünf Tagen gelebt. Als Gruppe und auch den Menschen gegenüber, denen wir begegnet sind.

In den nächsten Tagen werden wir noch einige Texte hier veröffentlichen, eine Nachlese unter den Fotos und Videos veranstalten. Und dann machen wir uns daran, die vielen positiven Eindrücke in Ideen für den Alltag zu übersetzen und die nächste Reise vorzubereiten.

Abschied in der Molokobar

Wir trafen uns zum letzten gemeinsamen Essen und eine Tour auf der ehemaligen Stadtmauer in der Altstadt. Das Essen und die Atmosphäre in der Molokobar waren, nun ja einzigartig. Ein Ort für Leute mit sehr wenig Geld und einer geduldigen Bedienung inmitten von teuren Boutiquen und angesagten Touristenlokals. Wir wurden zu acht satt für 36 Euro.

Vor der Tür nutzen wir den Freisitz, um über den Tag, die Zeremonie und die Zeit in Warschau zu reden. Einige Dinge konnten formuliwertb werden, anderes ist erst am Werden. Die Eindrücke sind noch zu frisch und es braucht sicher den freien Montag, um mit einem Text über die fünf Tage nachzudenken.

Herr Große hatte ein geographisches Kulturprogramm im Kopf, als er uns mit Hilfe von Collin in die Altstadt lotste. Wir sollten die alten Wehranlagen beim Klettern kennen lernen und Collin und Jonas uns etwas darüber erzählen (weil sie in der Schule bei Frau Fabian aufgepasst haben).

Aber die Altstadt hatte sich in eine Flaniermeile mit Musik, Akrobatik und Kitsch verwandelt. Familien schauten rechts und links, Paare flanierten und Kinder staunten. Und wir mit ihnen.

Die Schönen und Reichen aber vor den Luxushotels bekamen von uns nur einen kalten Schulterblick: Wer so jung schon so erstarrt aussieht, kommt nicht mit auf unser Boot.

Wir sputen uns!

Zum ersten Mal trugen wir unser neues Schullogo auf den Hoodies, als wir recht früh in Richtung Treblinka aufgebrochen sind. Am Abend vorher hatten wir noch die Psalmen geübt und nun waren wir auf dem Weg zum „real thing“. Jetzt wurde aus dem Reden über die Zeremonie und ihre Wichtigkeit eine Tat. Die Stimmung war gespannt geladen. Jeder hing seinen Gedanken nach und draußen zog die flache Landschaft vorbei. Kleine Wolken an einem weiten blauen Himmel. So wie letztes Jahr hatten wir auch dieses Mal etwas, was man leicht angestaubt ein „heiteres Wetter“ nennen könnte.

Punkt zehn sprangen wir aus dem Auto (die Sache mit dem rechtzeitigen Erscheinen zur Fahrt üben wir weiterhin) und wurden von Ewa und Pawel von der Stiftung mit einer Großpackung Schokowaffeln erwartet. Eine Busladung Besucher zog an uns vorbei; sie hatten eine Erklärtour gebucht und gehörten nicht zur Zeremonie. Wir hatten kurzeitig ewas Angst, vor sechzig Menschen sprechen zu müssen.

Dieses Jahr waren es weniger Menschen, die an der Zeremonie teilnahmen und Pawel sprach eine kleine Gruppe Besucher an, ob sie spontan mit an der Zeremonie teilnehmen möchten. Den holprig verlegten Weg zum Denkmal gingen wir gemeinsam. Wir wussten, dass im Anschluss an die Zeremonie noch die Erst-Entdeckung des Audioguides auf Deutsch anstand. Deshalb ließen wir die einzelnen Wegpunkte unkommentiert auf uns wirken.

Die Zeremonie hat jeder für sich selbst erlebt und ich lasse Platz für die Eindrücke derjenigen aus der Gruppe, die dazu später etwas schreiben möchten. Es entstand, wie beim letzten Mal, die Verschränkung der Gruppen durch die Gebete; der Rhythmus glich sich bei jedem Mal mehr an. Wir sprachen das Gedicht von Halina Birenbaum und lasen die Namen der Mitarbeiter des Waisenhauses und einige Worte zu ihrer Geschichte.

Nachdem Herr Sponfeldner einige Worte zu unserer Gruppe und unserem Hiersein gesprochen hatte, ergriff – sichtlich bewegt – eine Frau aus der kleinen Gruppe, die uns spontan begleitet hatte, das Wort:

Sie komme aus Israel und besuche zum ersten Mal die Gedenkstätte. Ihr Großvater konnte noch 1944 nach Paris flüchten, musste aber alle Mitglieder seiner Familie zurücklassen. Mindestens zwei davon kamen in Treblinka ums Leben. Sie wollte dies mit uns teilen und bedankte sich für die Möglichkeit, an der Zeremonie teilzunehmen.

Wir gingen zurück zum Bus, um von dort aus mit dem Ausprobieren des Audioguides zu beginnen. Es war sehr berührend: Für diejenigen, die die Geschichte des Ortes zum ersten Mal hörten, als von den Obszönitäten berichtet wurde, die an diesem friedfertigen Ort begangen worden waren. Und für jene, die die Stimmen derjenigen wiedererkannten, die letztes Jahr an dieser Stelle gestanden haben und deren Arbeit jetzt an für die künftigen Besucher der Gedenkstätte zu hören sein wird.

Herr Große und Jonas gingen noch auf Entdeckungstour zum Korczakwald und kamen mit Bildern und einer neuen Idee für das nächste Jahr wieder.

Die Innenstadt überraschte uns mit dem Warschaumarathon, einer Demo von Menschen, die sich zu kurz gekommen fühlten und dem Wochenendtrubel der Hauptstadt. Sieben Minuten für siebenhundert Meter? Es wollte trotzdem niemand zu Fuß gehen.

Für den Abend suchen wir uns noch ein Restaurant, wo wir vielleicht die Eindrücke der letzten Tage gemeinsam besprechen und ordnen können. Wenigstens über den heutigen Tag möchten wir sprechen.

Morgen ganz früh brechen wir auf und versuchen, gegen 17 Uhr wieder in Halle zu sein.

In den kommenden Tagen ordnen wir unsere Gedanken, die Fotos und Videos und stellen noch eine Nachlese in den Blog.

Das Korczakianum

Unser Tag hat sich gelohnt. Wir waren bei schönstem Herbstwetter unterwegs und besuchten das Korczakianum. Es ist sowohl Forschungsstelle zum Werk Janusz Korczaks als auch Außenstelle des Historischen Museums Warschau. Seit der Coronapandemie ist der Museumsteil nur noch als gebuchte Veranstaltung möglich; spontane Besuche nicht mehr möglich.

Wir haben uns deshalb mit Frau Cielsielska, der Kuratorin des Museums und international hochgeschätzte Korczakforscherin, in Verbindung gesetzt und vorab um einen Termin gebeten.

Das Korczakianum ist das ehemalige Waisenhaus und wurde nach dem Krieg wieder aufgebaut. Als Gebäude außerhalb des Ghettos hatte es die Zeit ohne größere Schäden überstanden. Lediglich das Dach war eingestürzt und das Arbeitszimmer Korczaks im Dachgeschoss konnte bei der Renovierung nicht wieder aufgebaut werden.

Das Gebäude kam uns – im Vergleich zu den Bildern, die wir gesehen hatten, klein vor; über einhundert Kinder lebten hier dauerhaft?

Anstelle einer Führung durch die Ausstellung fanden wir uns im Arbeitszimmer von Frau Cielsielska wieder. Umgeben von den Werken Korczaks in verschiedenen Sprachen, ließ sie uns nicht einmal Zeit, uns vorzustellen. Sofort war sie mit einer Begeisterung bei der Pädagogik Korczaks, seiner Geduld, seinem Glauben, der ohne Gott auskommt, weil er den Menschen zugewandt ist. Seinen Experimenten mit dem Kindergericht, der Selbstverwaltung (über einhundert Kinder für eine Handvoll Erwachsene). Seinen Mut, zu scheitern. Sein Langmut, wenn er trotzdem Dinge ausprobieren wollte. Die wichtige Rolle von Stéfa Wylczinska (endlich gibt es auch ein Buch über sie!)

Sie war so lebendig und dabei klar in ihren Meinungen: Korczak, der sich retten konnte? Höchstens eine vage Möglichkeit, dass ihm hätte geholfen werden können.

Wer hatte denn wirklich eine Wahl am Umschlagplatz? Niemand! All die anderen Mitarbeiter, nicht nur die aus dem Waisenhaus Korczaks: Alle haben sie die Kinder begleitet. Und nur Korczak wird als heroisch genannt. Für sie ist das Waisenhaus – das Korczakianum – ein Haus des Lebens. Nicht ein Haus des Todes.

Wichtiger als die letzte und logische Tat Korczaks ist ihr seine Pädagogik, sein Humanismus: Ich kann dir aufschreiben, was ich getan habe. Aber ich gebe dir keine Rezepte, wie du handeln sollst. Lies meine Bücher, lege sie beiseite und probiere es selbst.

Sein Buch „Wie man ein Kind lieben soll“? Zum größten Teil geschrieben mitten im Krieg neben seinem Dienst im Lazarett bei Kiew.

Gern übernehmen wir von ihr das Adjektiv „korczakig“ für alle Aktionen und Experimente, die allein darauf vertrauen, das das Unmögliche machbar sei. Wenn man nur genügend Geduld und Vertrauen besitzt.

Ich kann mir keine bessere Anwältin für die Sache Korczaks vorstellen als Marta Cielsielska.

Danach waren wir auf dem jüdischen Friedhof, der auf eine angenehme Art verwildert ist; mit vielen Bäumen und kleinen Wegen. Anschließend hatten wir uns eine Pause verdient: Die Stadt, das Programm und die Gruppe verlangen uns viel ab und die Müdigkeit nimmt zu.

Beim Piroggenworkshop haben wir gelernt, wie man die Teiglinge auf viele verschiedene Art faltet und schließt. Meine Hand für mein Produkt: Die anschließende Verkostung war Ehrensache und Abendbrot. Es hat geschmeckt und die Piroggendiplome nehmen wir gerne mit nach Hause.

Im Hotel haben wir die Hoodies für die Zeremonie verteilt und die Gebete und das Gedicht geübt. Aber bitte im Stehen! Wir werden auch morgen nicht sitzen. Wenn die Generalprobe schiefgehen muss, damit die Premiere stimmt, haben wir für morgen nichts zu fürchten.

Die letzten Tage aus Schülersicht

Der Donnerstag

Wir sind heute Morgen aufgestanden und haben gemeinsam gefrühstückt. Danach sind wir gegen 9:30 aus dem Hotel gegangen,und haben unseren Museumsbesuch hinter uns gebracht. Dannach sprachen wir über das Museum. Dann durften wir uns von unseren Begleitpersonen verabschieden und hatten Freizeit in Warschau. Danach sind wir wieder ins Hotel gegangen und haben eine kleine Pause eingelegt. Nach der eingelegten Pause sind wir gegen 20:00 in ein tolles Resturant gegangen und hatten einen gemeinsamen schönen Abend. Anschließend sind wir in der Stadt herum gelaufen in die Richtung vom Hotel.

Der Freitag aus Schülersicht

Heute morgen sind wir gemeinsam ins Waisenhaus von Janusz Korczak gefahren. Dort war eine nette Frau,die uns sehr viele Informationen gegeben hat, wie z.B das sie dort ein Gericht hatten, das von Kindern aus dem Waisenhaus geführt worden ist. (sowas ähnliches haben wir an unserer Schule auch). In dem Waisehaus waren ungefähr 107 Juden davon 57 Mädchen und 51 Jungs. Das war total neu für die Zeit von Korczak, das Jungen und Mädchen in einem Haus lebten.

Nach dem Waisenaus sind wir zum jüdischen Friedhof gelaufen. Dort haben wir gelernt, dass die Beamten des Kaisers vor langer Zeit den Juden “witzige“ oder sprechende  Namen gegeben haben, wenn sie selbst  keinen Namen annehmen wollten. Einer hieß z.B Jonas Wahlfisch. Wir sind weiter in den Friedhof hinein gegangen und da standen sehr unterschiedliche Gräber, z.B. ein einfacher Stein mit einem Namen und der Zeit von wann bis wann der  ensch gelebt hat. Oder ein Grab, das wie ein kleiner Tempel aussieht. Das heißt, das der Mensch, der in dem Grab liegt, viel Geld besaß.

Gegen fünf sind wir zu “Pirogies and more” gefahren. Dort haben wir gelernt, wie man den Teig und Füllung macht. Man kann die Füllung der Piroggen so gestallten, wie man will. Dann durften wir sehen, wie sie gekocht wurden. Zum Schluss haben wir die 4 Sorten Piroggen probiert.

Donnerstag

Heute gab es Warschau bei Tag. Der Weg zu Korczak führte auch dieses Mal nicht am POLIN vorbei. Das extra gebaute Museum erzählt (sehr spannend) die Geschichte von Polen und Juden seit dem Mittelalter. Mit allen Höhen und Tiefen und Widersprüchen. Es ist deshalb besonders gut geeignet für die Vorbereitung auf die Zeremonie am Samstag. Die geschichtliche Erzählung wird nicht auf den Zweiten Weltkrieg verengt sondern erzählt viel mehr von der Vielfalt der Jahrhunderte davor.

Der Standort des Museums selbst ist geschichtsträchtig: Vor achtzig Jahren befand sich an seiner Stelle der Weg zum Umschlagplatz in der Stawkistraße, an dem die Bewohner des Ghettos in Viehwaggons in den Tod geschickt wurden. Direkt davor ragt das Denkmal für die Helden des Ghettoaufstandes auf, an dem Willy Brandt seinen Kniefall im Dezember 1970 vollzog.

Heute war Museumstag und der Eintritt frei. Jeder ging mit seinem Audioguide nach seinem eigenen Rhythmus durch die Ausstellung. Manche waren sehr schnell durch, andere hielten sich an den Stationen länger auf und lauschten auf die Erklärungen. Wir fanden uns im Restaurant wieder und diskutierten lange nach dem Dessert über unsere Eindrücke.

Mir blieb eine Station besonders in Erinnerung: Im Themenblock „Räumung des Ghettos“ waren drei Holzbänke installiert, wie sie damals in Straßenbahnen zu finden waren. Auf ihnen saßen Besucher und schauten aus den „Fenstern“ auf die zerstörten Straßen, die auf den Leinwänden vorbeizogen. Eine ältere Frau erklärte einer jüngeren und einem vielleicht Zwölfjährigen etwas. Vielleicht eine Großmutter mit Tochter und Enkelin. Ich folgte der Sprachmelodie und mir wurde klar, dass sie hebräisch sprachen, als die ältere Dame das Wort „Umschlagplatz“ sagte. Einfach so, ein einziges Wort. Ohne Akzent. „Umschlagplatz“. Ich hoffe, die deutsche Sprache hat noch andere, bessere Spuren in den Sprachen der Welt hinterlassen als „Umschlagplatz“ und „Achtung!“ und „Ausweis!“.

Wir haben einige Bilder ausgewählt, um einen kleinen Eindruck zu geben. Wahrscheinlich könnten wir fünfzig und mehr hier anfügen, ohne alle Facetten ausreichend zu beleuchten, die im Museum so gut erklärt werden. Collin wird uns später noch mit einem Beitrag liefern, wie er das Museum und den Tag erlebt hat.

Der Nachmittag sah uns dann in der Altstadt. Stare Miesto. Zum Glück haben wir Herrn Große dabei, der ganz gut mit Polnisch zurechtkommt und uns mit seinem Wissen verblüfft.

95 Prozent der Altstadt und 85 Prozent von ganz Warschau waren von den Deutschen systematisch zerstört woren. Nach dem Ghettoaufstand und dem Warschauer Aufstand wurden die Häuser gesprengt oder mit Flammenwerfern in Brand gesetzt. Besonders viele Bibliotheken, Archive und Schulen fielen der Zerstörung zum Opfer. Die Restaurierung der Altstadt – mit den historischen Materialien – gilt als die größte, die jemals unternommen wurde.

Aber: Wir sind da!

Siebenhundert Kilometer sind nicht viel für eine Idee, ein Datenpaket oder ein Telefonanruf. Eben noch hier, jetzt schon dort.

Wenn man aber seinen Körper in ein Auto packen muss, merkt man sehr gut die Distanz. Wenn man geduldig ist, alle zwei Stunden eine Pause macht, kommt man langsam ans Ziel. Das hat einen Preis. Das Nervenkostüm wird dünner und der abschließende Feierabendverkehr ist dann die Hölle der anderen.

Aber, aber, aber: Wir sind da. Im Herzen von Warschau haben wir Quartier im Hotel Mazowiecki bezogen. In der dritten und vierten Etage schauen unsere Zimmer schon ein wenig über die Dächer in der Umgebung. Unten pulsiert das Nachtleben in den Bars und Cafés.

Wir haben es uns nicht nehmen lassen und sind noch zum Kulturpalast und in die Altstadt gelaufen. Am Kulturpalast, wo wir letztes Jahr fünzig Meter am Korczakdenkmal vorbeigelaufen sind, ohne es zu ahnen. Und auch andere sehenswerte Stationen haben wir erst jetzt entdeckt: Das Jüdische Theater und Kulturzentrum, eine Open-Air Austellung zu berühmten jüdischen Persönlichkeiten, die wir uns bei Tageslicht anschauen werden. Jetzt aber haben wir die nötige Bettschwere und ziehen uns zurück.

Am Donnerstag geht es ins POLIN, dem Museum des Jüdischen Lebens und dann in die Altstadt. Stay tuned!

Zwei Jahre Überleben auf drei Quadratkilometern

Unsere kleine Reisegruppe hat sich vor der Fahrt zusammengesetzt und über die kommenden Dinge gesprochen. Da wir dieses Mal einen ganzen Tag mehr Zeit haben, wollten wir uns auf die Spuren des Warschauer Ghettos begeben.

Das ist heute, achtzig Jahre später, gar nicht mehr so einfach. Dort, wo 1942 noch schätzungsweise 400000 Menschen auf engstem Raum lebten und seit 1940 auch die Waisenkinder und Korczak, stehen heute Hochhäuser, Parks und Wohngebäude. Die Häuser wurden nach dem Ghettoaufstand und dem Warschauer Aufstand von den Deutschen dem Erdboden gleich gemacht.

Einzig ein kleines Stück Mauer steht noch zwischen Wohnblöcken. Nicht gerade viel, wenn man sich eine Fläche vorstellen möchte. Einen Mauerweg, den man an seiner Innenseite ablaufen könnte, wie einst die Bewohner des Ghettos.

Wir haben deshalb versucht, uns der Frage anders zu nähern: Was ist eigentlich ein Ghetto? Welche Bilder verbinden wir damit?

Ein schmuddliger Ort – ungepflegt, vernachlässigt. So hat der Begriff in der Alltagssprache überlebt: Als Sammelbegriff für die Hochhaus- und Schlafstädte, wo nichts mehr passiert. Jedenfalls nichts Gutes. Und die trotzdem eine Identifizierung erlauben: Da komm ich her, das ist meine „Hood“: Neustadt, Südstadt, Silberhöhe. So für Halle. Für andere Städte sind es andere Namen.

Nach einem kurzen Film der Bundeszentrale für politische Bildung hat sich dieses Bild bald verflüchtigt. Die Deutschen selbst machten im Warschauer Ghetto Filmaufnahmen, von denen einige die Zeit in den Archiven überstanden haben. Wenn man die Filmausschnitte gesehen hat, fällt es einem schon schwerer, von der eigenen Umgebung als ein Ghetto zu sprechen.

Wir haben dann versucht, uns die Enge vorzustellen, die im Film zu sehen war. Mehr als 1,5 Mal die gesamte Einwohnerschaft von Halle auf 3,1 Quadratkilometern? Wie groß ist ein Quadratkilometer, wenn ich ihn erlaufen müsste?

Wir haben dann einfach den Stadtplan von Halle genommen und ein Quadrat im gleichen Maßstab ausgeschnitten und darüber gelegt. Die Bilder sprechen für sich.

Wir fahren wieder

Vom 21. – 25.09. fahren drei Erwachsene und fünf Jugendliche aus unserer Schule nach Warschau.

Collin und Jonas aus Klasse 7 B und Jason, Fynn und Oskar aus der Neunten.

Als Begleiter sind dabei: Herr Sponfeldner-Böttcher, Herr Große und Herr Lehmann.

Wir starten am Mittwoch um neun am Blauen Elefanten in der Silberhöhe. Wenn alles gut geht, sind wir am Abend in Warschau und können in unserem Hotel erst einmal ausruhen.

Am Donnerstag und Freitag schauen wir uns die Stadt an, besuchen das POLIN Museum und begeben uns auf die Spuren von Janusz Korczak und seinen Waisenkindern.

Am Samstag fahren wir zur Gedenkstätte Treblinka, eine Autostunde von Warschau entfernt und nehmen an der Zeremonie zu Ehren Janusz Korczaks teil.

Denn in diesem Jahr jährt sich die Ermordung von Janusz Korczak und seiner Waisenkinder zum achtzigsten Mal.

Wir werden die Namen von Opfern verlesen, Gebete sprechen und ein Gedicht aufsagen. Danach können wir die neue App ausprobieren, die den Besuchern die Gedenkstätte auf Deutsch erklärt. SchülerInnen unserer Schule haben dabei geholfen, diese App zu erstellen:

Durch das Übersetzen der Texte aus dem Englischen und das Einsprechen eines Gedichts und Textes bei Radio Corax.

Am Sonntag kommen wir dann wieder nach Halle zurück.

Wir werden euch hier live von unseren Erlebnissen berichten und Bilder hochladen. Vielleicht drehen wir auch noch einen Film, basteln einen Fotoroman oder verarbeiten unsere Eindrücke auf andere Art und Weise.

Denn Eindrücke wird es bei einer solchen Reise garantiert geben!

Die Reise wird ermöglicht durch Mittel aus dem Fonds „Aufholen nach Corona“

Vernissage Fotoausstellung „Reise nach Treblinka“

Was für ein Tag, was für ein Fest.

Am Dienstag, dem 12. Juli, fand die Vernissage zur Fotoausstellung unserer Reise vom Oktober statt.

Die Fotos und die Erklärungen zu den Hintergründen reichte uns aber nicht. Jede Klasse der Schule war aufgerufen sich mit den Themen Kinderrechte, Janusz Korczak und seine Zeit und die Shoah auseinanderzusetzen. Die Aktion stand im Gedenken an den achtzigsten Todestag Korczaks im August in den Gaskammern Treblinkas.

In einem fulminanten Endspurt zum Ende des Schuljahres, wenn andere Schulen im Freibad sind, wurde gebastelt, recherchiert, geschrieben, gefilmt und Texte eingesprochen.

Am Ende benötigten wir tatsächlich drei Etagen, um alle Ergebnisse würdig zu präsentieren.

Es gab einen Film mit der Erklärung von Artikeln der Kinderrechtskonvention, eine szenische Lesung von König Macius, dem Kinderbuch Janusz Korczaks. Trickfilme zum Schülergericht und anderen Themen.

Eine Auswahl von Originalkacheln des Projektes Korczak 200 wurden ausgestellt.

Über zwei Etagen erklärte ein Zeitstrahl das Leben Korczaks, verbunden mit den historischen Ereignissen der Zeit.

Es wurde erklärt, was ein Stolperstein ist und wie man sich im Arolsenarchiv an der Digitalisierung der Akten aus den Konzentrationslagern beteiligen kann. Andere mögliche Vorbilder, von Gandhi bis zum Dalai Lama, wurden präsentiert.

Auf Plakaten wurde der Lebensweg von Waisenkindern vorgestellt, die der Shoah entkommen sind: Über einen QR Code konnten dazu zusätzlich die Texte, eingesprochen von Schülern, angehört werden.

Eine Ausstellung von selbstentworfenen Keramikmedaillen zu den Artikeln der Kinderrechtskonvention wurde präsentiert.

Selbstverständlich wurde auch unsere Schule in Wort und Bild vorgestellt: Motoraum, Schülergericht, Druck- und Keramikwerkstatt, das Schülerradio.

Zur Vernissage konnten wir Dr. Karamba Diaby begrüßen, dem Bundestagsabgeordneten aus Halle, der sich sehr gut über das Projekt informiert zeigte und uns dazu ermunterte, auf diesem Wege weiterzumachen. Als kleine Überraschung sprach er eine Einladung zum Besuch des Bundestages aus, was wir für das neue Schuljahr gerne planen. Die Gäste der Ausstellung waren sehr beeindruckt von der Fülle der Informationen und der liebevollen Präsentation der Forschungsergebnisse.

Zum Austausch lud das Büfett ein, dessen Gerichte aus dem jüdischen Kochbuch stammten, das wir seit unserer Fahrt nach Warschau und Treblinka öfter zu Rate ziehen.

Erwähnt haben wir den Gästen gegenüber natürlich auch unsere Arbeit am Audioguide für die App der Gedenkstätte Treblinka II und unsere geplante Fahrt Ende September nach Warschau und Treblinka.

Möglich wurden Teile der Ausstellung und der Aktion durch die Förderung des Engagementfonds der Hallianz für Vielfalt.

Zeitstrahl zum Leben Janusz Korczaks

Stolpersteine

Arolsen Archiv „every name counts

Genau hinschauen:

Dieses Korczakportrait ist etwas ganz besonderes. Es ist zusammengesetzt aus den Portraits unserer Schüler, den gegenwärtigen „Korczakkindern“, die bei uns lernen.